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© Luis Junker

Acht internationale WissenschaftlerInnen nähern sich aus verschiedenen theoretischen und historischen Perspektiven der Frage nach dem Anteil von Kunst und Ästhetik an ökonomischen Gewaltprozessen wie der privaten Aneignung kollektiver Ressourcen, deren Rechtfertigung sowie der nachträglichen Glorifizierung.

„Am Ursprung der Marktwirtschaft steht das Raubrittertum.“ Ausgehend von dieser These beschäftigt sich die Konferenz mit dem Begriff der ‚ursprünglichen Akkumulation‘, die den meist gewaltsamen historischen Prozess bezeichnet, der der vertragsrechtlich geregelten Marktgesellschaft vorausgeht und sie jeweils auch ermöglicht. Er beschreibt sowohl die private Aneignung gemeinschaftlicher Güter als auch die Trennung der Produzenten von ihren Produktionsmitteln (das Bauernlegen, die Entstehung lohnabhängiger Arbeiter) wodurch Arbeitskräfte und natürliche Ressourcen dem Prozess der Kapitalakkumulation zugänglich gemacht werden.

In der klassischen Diskussion sind auf diese Weise Formen der kolonialen Landnahme beschrieben – die Aneignung ferner Regionen und Geographien. Darüber hinaus hat die Figur der ‚ursprünglichen Akkumulation‘ in der jüngeren sozialtheoretischen Debatte eine Renaissance erfahren, da sie auch aktuelle Entwicklungen der Umverteilung und der Privatisierung gesellschaftlichen Reichtums zu beschreiben erlaubt.

Ausgehend von dieser Diskussion stellt sich die Konferenz der Frage, inwieweit auch Kunst und Ästhetik mit Fragen der privaten Aneignung kollektiver Ressourcen zu tun haben, mit ihrer nachträglichen Glorifizierung (als Beutekunst und Zurschaustellung gesellschaftlichen Reichtums) oder diskursiven Rechtfertigung (der ‚universelle‘ Charakter westlicher, bürgerlicher Kunst), bzw. inwieweit die Urgeschichten sozialer Ungleichheit auch in die Ordnungen der Wahrnehmung eingeschrieben sind (die sinnliche Konfiguration des disziplinierten Arbeiters, die Abstraktion des Sehens in der Erfolgsgeschichte des Modernismus, der exotisierende Blick des Orientalismus).

RednerInnen:
Katja Diefenbach (Merz Akademie, Stuttgart)
Zachary Formwalt (Freier Künstler, Amsterdam)
Johan Hartle (Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe)
Barbara Kuon (Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe)
Jaleh Mansoor (University of British Columbia, Vancouver)
Roberto Nigro (Leuphana Universität, Lüneburg)
Ruth Sonderegger (Akademie der Bildenden Künste, Wien)
Lioudmila Voropai (Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe)

Die Tagungssprache ist Englisch

Ort: Großes Studio

Kontakt:

Programm:

Thursday, December 6th

15.00 Opening/Introduction
Katja Diefenbach and Johan Hartle

15.30-17.30
Ruth Sonderegger: “How did the invention of aesthetics in the 18th century contribute to the logics of primitive accumulation?”

Roberto Nigro “Primitive Acumulation and General Intellect”

17.45-18.45
Barbara Kuon "The Art of Fighting Expropriation through Self-Expropriation"

Friday, December 7th

10.30-11.30
Lioudmila Voropai “Aesthetic Imperialism Today and Where to Find It“

12.30-14.30
Jaleh Mansoor “Primitive Accumulation in Vision and Proletarianization of the senses: Abstraction 1888-2008”

Zachary Formwalt “In the tender annals of political economy…” (Film Screening and Presentation)

15.00-17.00
Katja Diefenbach "The Being of the Sensible and its primitive accumulation"

Johan Hartle “Primitive Accumulation and Original Property in History and Obstinacy”

Eine Kooperation der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und der Merz Akademie Stuttgart.

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