Was habe ich in meinem Studium gelernt? Wo kann ich mich nach dem Abschluss als praktizierende Gestalterin sehen? Und welche Werte möchte ich in meiner Arbeit sicht- und erkennbar machen? Diese Fragen, welche viele jungen Gestalter:innen beschäftigen, bildeten den Ausgangspunkt der Arbeit Gestaltung als Querschnittsdisziplin. Um diese zu beantworten, setzte sich Marie Luise Stein intensiv mit den bisher von ihr entworfenen und gestalteten Projekten auseinander. Durch diese Auseinandersetzung gewann sie Erkenntnisse über Materialvorlieben, Themengebiete und Darstellungsformen ihrer Konzepte und Objekte. Zudem wurde deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf Nutzbarkeit und Materialität stets Teil ihrer gestalterischen Praxis waren, weswegen dies auch den Rahmen ihrer Diplomarbeit bilden sollte.
Um dies umzusetzen, suchte Marie Luise Stein nach Kooperationspartner:innen, die ein nachhaltiges Material entwickelt haben, um dieses in eine neue Verwendung, Nutzbarkeit und Anwendung zu überführen. Sie entschied sich für eine Kooperation mit der Firma eco-softfibre, die abgehobelte Lederfalzspäne, die während des Gerbungsprozesses als nicht verwertbarer Reststoff anfallen, als Grundlage eines schadstofffreien und kreislauffähigen Weichschaumstoffs nutzt. Anders als bei herkömmlichem Schaumstoff aus fossilem Erdöl, ist dieser Weichschaumstoff emissionsfrei. Aufgrund seiner schallabsorbierenden Eigenschaften nutzt eco-softfibre ihren Weichschaumstoff bisher hauptsächlich für Trennwände, Wand- und Deckenpaneele.
Die Entwürfe Steins erlauben es, die Paneele individuell zu gestalten, mit einem geringem Packmaß zu transportieren und rahmenlos zu verwenden. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Material, der Firma und dem Herstellungsprozess hat sie in enger Zusammenarbeit mit eco-softfibre neuartige Verbindungsmöglichkeiten, Anwendungsformen und Nutzbarkeiten erarbeitet, die den physikalischen Ansprüchen des Materials gerecht werden. Sie gestaltete eine externe Systemlösung für die Standardpaneele, welche es erlaubt, das Material individuell und modular als Trennwand oder Wandpaneel zu verwenden. Darüber hinaus entwickelte sie dreidimensionale Oberflächenstrukturen, die nicht nur die Formsprache optimieren, sondern es zudem erlauben, verschiedene Elemente des Weichschaumstoffs miteinander zu verbinden.
Steins Diplomarbeit Gestaltung als Querschnittsdisziplin dient als Probe eines Berufsfelds und markiert den Auftakt einer fortlaufenden Zusammenarbeit. Die Arbeit zeigt die Auseinandersetzung mit und Untersuchung von einem externen Produkt in Bezug auf dessen Nutzbarkeit, Materialität und Nachhaltigkeit in Form von unterschiedlichsten Versuchen und Modellen.
Marie Luise Stein hat Produkt- und Kommunikationsdesign an der HfG Karlsruhe studiert und arbeitet seit ihrem Abschluss als selbstständige Produktdesignerin. Ihr Produktportfolio zeichnet sich durch die Vielfältigkeit ihrer Projekte in den Bereichen Möbelgestaltung und Produktentwicklung aus. Das Wesen ihrer gestalterischen Praxis besteht darin, eigene Produktideen hinsichtlich Materialität und Funktionalität zu optimieren, um langlebige und in Bezug auf ihre Herstellung nutzerfreundliche Produkte zu gestalten. Neben der selbstständigen Gestaltung von Produkten arbeitet Marie Luise Stein an verschiedenen kollaborativen Projekten in den Bereichen Materialentwicklung, Ausstellungsgestaltung und der Ausstattung von Innen- und Außenräumen.