In seiner Analyse der westlichen Gesellschaften beschrieb der Medienphilosoph Vilém Flusser Anfang der 1980er Jahre ein strukturelles Übergangsphänomen: Die massenmedialen Machtverhältnisse und ihre starren Meinungskanäle in Richtung Publikum seien in Auflösung begriffen. Am Horizont zeichne sich eine Netzgesellschaft ab, in der Dialoge zwischen Gleichberechtigten individuellen Konsens herbeiführen. Auf dem Weg dorthin müsse man sich jedoch „faschistischen Querschaltungen“ stellen – Versuche von mächtigen Knoten im Netz (Alexander Galloway), den Netzdialog nach eigenen Interessen zu steuern.

Heute, etwa 30 Jahre später, sind die Hoffnungen vieler Netz-Aktivisten der 1990er Jahre, egalitäre Gesellschaften mit dem Umweg über das Internet einzurichten, der Enttäuschung gewichen. Die vernetzten Medien haben längst systemischen Charakter eingenommen (Siegfried Zielinski). In ihren extremen Fällen ermöglichen sie Plattformen für demagogische Initiativen wie der rechtsextremistischen Alt-Right-Bewegung und deren Sprachrohr, die am äußersten rechten Rand stehende US-News-Website Breitbart. In Deutschland organisieren sich Pegida und Gruppen translokalen Hasses maßgeblich über soziale Netzwerke. Die faschistischen Querschaltungen zeigen ihre Wirkungen aber vor allem unter den Oberflächen unserer Bildschirme: Nicht erst seit den NSA-Skandalen und den Predictive-Analytics- bzw. Microtargeting-Initiativen in den US-Wahlen zeichnet sich ab, wie persuasive Kommunikationsstrategien anhand des Auswertens von Nutzerverhalten weiter optimiert werden können.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion werden Peter Weibel und Siegfried Zielinski mit verschiedenen Gästen über die aktuellen Zustände diskutieren.


Teilnehmer der Podiumsdiskussion
  • Florian Cramer (Rotterdam University of Applied Science)
  • Daniel Irrgang (HfG Karlsruhe)
  • Matteo Pasquinelli (HfG Karlsruhe)
  • Vesselin Popov (The Psychometrics Centre, University of Cambridge)

Weitere TeilnehmerInnen tba


Mi, 12.04.2017
18–20 Uhr
ZKM_Medientheater

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