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© Wallstein Verlag

Gesichter hinterlassen heute digitale Spuren: Von allgegenwärtigen Kameras erfasst und algorithmisch ausgewertet, werden sie massenhaft zu personalisierten Profilen verknüpft. Operative Porträts geht den verstreuten Anfängen dieser Entwicklung nach und wirft einen neuen Blick auf die Geschichte des Gesichts unter den Bedingungen seiner technischen Reproduzierbarkeit.

Wie wurden Bilder von Gesichtern zu Objekten eines identifizierenden Blicks, der sie in lesbare Information zu verwandeln versucht? Wann wurde es denkbar und schließlich gar selbstverständlich, dass von jedem Individuum endlose Bilderserien zirkulieren? Und welche Vorstellungen von menschlicher Individualität sind in die Verfahren algorithmischer Erkennung eingeflossen? Das Buch verfolgt diese Fragen entlang sonst meist getrennt verhandelter Stränge einer Bildgeschichte der Identifizierbarkeit. Es erzählt eine Geschichte privater Porträtpraktiken - von Lavaters Schattenrissen bis hin zu Facebook -, wirft Schlaglichter auf ästhetische Neubestimmungen des Porträts in der Moderne und unternimmt eine Medienarchäologie der Identifizierung von der frühen Kriminalistik bis zur automatisierten Gesichtserkennung.
Vor dem Horizont der digital vernetzten Gegenwart wird so ein fundamentaler Funktionswandel des Porträts erkennbar: Der traditionelle Anspruch, im Einzelbild die Repräsentation eines autonomen Individuums zu leisten, wird seit den Anfängen technischer Bildproduktion vom Versprechen der Operativität abgelöst. Bilder von Gesichtern werden zu Elementen unabschließbarer Serien technischer Aufzeichnungen, dazu bestimmt, systematisch mit anderen Bildern und Daten verknüpft zu werden. Indem es diesen Funktionswandel nachzeichnet, leistet das Buch von Roland Meyer nicht zuletzt einen historisch fundierten Beitrag zum Verständnis heutiger digitaler Bildkulturen.

Roland Meyer studierte Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, wo er 2017 mit der Arbeit Operative Porträts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit promoviert wurde. Von 2007 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität der Künste Berlin, am Fachbereich Kunst- und Kulturgeschichte im Studiengang Architektur. 2016/17 wirkte er als kuratorisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ausstellungsprojekt Das Gesicht. Eine Spurensuche des Deutschen Hygiene-Museums Dresden mit. Im Wintersemester 2017/18 vertrat er die Leitung der Abteilung Das Technische Bild am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit April 2018 ist er akademischer Mitarbeiter für Kunstgeschichte an der BTU Cottbus-Senftenberg.

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