„Do violent video games create school shooters? Does seeing violence in a movie make a kid aggressive? Does violent media desensitize people to violence?“ Nach jedem Amoklauf, jeder – besonders durch Kinder – verübten Gewalttat werden diese Fragen in allen Nachrichtensendungen und Zeitungen gestellt und immer wieder aufs Neue mit einer stark polarisierten Diskussion zwischen Waffenbefürworter:innen und -gegner:innen beantwortet.
Auch Adrian Dickhoffs Videoessay I Love These Guns wirft diese Fragen auf – doch nur, um sie im nächsten Moment gleich wieder zu verwerfen. Denn während auch darin die Repräsentation von Waffengewalt in Filmen und Videospielen sowie deren Einfluss auf ihre Konsument:innen im Mittelpunkt stehen, verfolgt Dickhoff das Ziel, zu einer differenzierteren Position jenseits der gängigen Pro- und Kontra-Argumentationen zu gelangen. Dafür verbindet er Untersuchungen der wiederkehrenden Muster und Themen der Repräsentationen mit Recherchen zum Einfluss der Waffenlobby, der Spielzeugindustrie und des Militärs auf diese und legt dabei einen besonderen Fokus auf die Verbindung von Waffengewalt zum gesellschaftlichen Bild von Männlichkeit. Nicht nur die Differenziertheit der Kritik, zu der Dickhoff durch diese Analysen gelangt, sondern auch der Modus, in welchem diese vorgebracht wird, unterscheidet I Love These Guns stark von den gängigen medialen Diskussionen. Denn während Letztere häufig mit der Geste eines moralischen Fingerzeigs verbunden sind und die Konsument:innen der Repräsentationen meist weder in die Diskussion integrieren noch mit ihr adressieren, ist I Love These Guns von einer persönlichen Erzählung des Künstlers gerahmt, der selbst seit seiner Kindheit eine große Faszination für Waffen hegt und diese aus einer Insider-Perspektive heraus kritisch hinterfragt. Durch diese persönliche Rahmung schafft das Video Identifikationsmöglichkeiten für diejenigen, die eine Affinität zu Waffen und deren Repräsentationen haben, und eröffnet so das Potenzial, diese zu einer kritischen Reflexion zu bewegen. Um diese primären Adressat:innen noch besser zu erreichen, hat Dickhoff I Love Guns nicht primär für eine Präsentation im Kunstkontext, sondern vielmehr für eine Veröffentlichung auf Youtube konzipiert. Dies spiegelt sich auch in der Ästhetik des Videos wider, welches die Bildsprache von Youtube-Formaten zitiert. So findet sich beispielsweise in Teilen des Videos am rechten unteren Rand ein Jugendfoto des Künstlers, womit er die weit verbreiteten Let`s-Play-Videos imitiert, in welchen Spielerinnen ihr eigenes Spielen kommentieren. Wird I Love Guns* zusätzlich zu seiner Veröffentlichung auf Youtube auch im Ausstellungskontext gezeigt, wird das Video innerhalb einer Rauminstallation präsentiert, die ein Jugendzimmer imitiert und so den bei Youtube-Videos üblichen Betrachtungsmodus rekreiert.
Adrian Dickhoff hat Kommunikationsdesign an der HfG Karlsruhe studiert. Der Schwerpunkt seiner gestalterischen Praxis liegt auf Typographie und Illustration. Ausgangspunkt seiner Arbeiten bildet dabei häufig sein Interesse an politischen und gesellschaftlichen Themen.