Die begehbare audiovisuelle Rauminstallation „Pygmalia“ beschäftigt sich mit der Suche nach Identität – ein Prozess, verortet zwischen den sich oft widersprechenden Kräften der eigenen Impulse und der das Individuum umgebenden gesellschaftlichen Erwartungen. Der ursprüngliche Mythos Pygmalion wird dabei adaptiert und transformiert. Die Arbeit nimmt Bezug auf die Geschichte des enttäuschten Bildhauers, der sich eine Lebensgefährtin nach eigenen Vorstellungen erschafft. Sie leitet einen Perspektivwechsel ein und stellt die Frage nach einer neuen Interpretation der bislang namen- und identitätslosen weiblichen Protagonistin.
Pygmalion tritt hierbei als Konstrukteur und Programmierer von Verhaltenscodes auf. Auf einem klar definierten Grundriss, der sich an den Leitlinien des vitruvianischen Menschen orientiert, erstrecken sich minimalistische Objekte aus Tischlerplatten, die sowohl Assoziationen zu einer häuslichen Architektur, als auch eines menschlichen Körpers zulassen. Dies wird unterstützt durch Projektionen von Hautstrukturen – als Hüllorgan zur Abgrenzung von Innen und Außen. Eine Frauenstimme berichtet über den Gestaltungsprozess und gewährt Einblicke in das prekäre Beziehungsgeflecht. Projektionen und Sound, von ca. vierzigminütiger Dauer, sind aufeinander abgestimmt und weisen jedem Objekt eine eigene Position im Gesamtkontext zu. Der Formung widersetzt sich zuerst das Unbewusste und mit ihm der konstruierte Körper. Abstrahierte Kratz-, Knirsch- und Schluckgeräusche verteilen sich durch Kontaktlautsprecher auf die Objekte. Der Vorgang eines Resets wird beschrieben, das Gegebene neu sortiert, die „Tonleitung“ übernommen. Die Konstruktion läuft aus ihrer geplanten Form.
Während des Studiums an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe hat sich die interdisziplinäre Kollaboration zwischen Iris Weigel und Philippe Mainz entwickelt. Mit „Pygmalia“ erschaffen sie eine emotionale Raumsituation, die den Besuchenden – durch die Fassade hindurch – tiefe Einblicke in das Fremde und das eigene Innere gewehrt. Der Umsetzung steht eine ausgiebige Recherchephase voran, die Ansätze und Inhalte aus Psychoanalyse, Psychosomatik, Neurowissenschaft und Emotionsforschung analysiert. Beispielsweise einen Besuch der Neurowissenschaftlichen Forschungseinrichtung BrainLinks BrainTools in Freiburg und ein Interview mit der Medien- und Kulturwissenschaftlerin Lisa Schreiber des ZfL Berlins über die zunehmende Codierung von Gefühlen. Die Arbeit wurde durch das Kulturamt/Kulturbüro der Stadt Karlsruhe gefördert.
Iris Weigel wurde 1987 in Braunschweig geboren und schloss im April 2017 mit der Dipomarbeit „Pygmalia“ ihr Kommunikationsdesign-Studium ab. Sie erschafft narrative Arbeiten mit phantastischem Überbau, meist zwei- und dreidimensionale Arbeiten sowie Rauminstallationen. Das Medium der Arbeit wird meist durch die vorangehende inhaltliche Recherchephase bedingt. Häufig wird das Verhältnis zwischen Individuum und Gruppe thematisiert.
Philippe Mainz wurde 1990 in Mannheim geboren und studiert Medienkunst. Er spielt als Medienkünstler und Musiker mit dem Verhältnis des Künstlich-Digitalen zur Natürlichkeit. Er stellt Gewohntes in Frage und deutet dies auf eigene Weise um. Hierbei erzeugt er häufig eine besondere Verbindung aus Tragik und Komik. Neben seiner Musik arbeitet er an Hörspielproduktionen, Filmtonmischungen und installativen Projekten.
Gemeinsam haben Iris Weigel und Philippe Mainz 2017 bei der European Theatre Convention im ZKM Karlsruhe sowie bei den Frankfurter Positionen im Mousonturm Frankfurt ausgestellt.
Weitere Einblicke in die Ausstellung
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