Der Betrachter der Installation „Rest and Peace“ merkt sofort, dass hier etwas Filigranes passiert: Stahl- und Plastikkonstruktionen stehen auf einem niedrigen, raumgreifenden Sockel. Die einzelnen Konstruktionselemente scheinen miteinander verbunden zu sein. Bewegungsprozesse laufen ab, sichtbar und im Verborgenen. Ein Klirren und Rattern schwirrt durch den Raum, das von den Bewegungen auszugehen scheint. Ein kontinuierliches rhythmisches Muster in Bewegung und Geräusch ist zu erkennen. Das Szenario vermittelt den Eindruck einer Bühnenaufführung, die angefangen hat, bevor man eingetreten ist und die weiterlaufen wird, nachdem man gegangen ist. Aber es ist keine Darstellung dramatischer Virtuosität, eher eine Performance von Instandhaltung, Wartung, alltäglicher Gesten.
Gebaute Maschinen und deren motorisierte Bewegung sind im Feld der Kunst vor allem durch Jean Tinguely bekannt geworden. Seine Werke rufen, genauso wie Adam Gawels Maschinen, anthropomorphe Assoziationen hervor, und sie sind genauso weit von der Aufmachung glatter Hightech-Robotik entfernt. Adam Gawels Apparate wirken wie handelnde Figuren, auch wenn sie keine Lebewesen sind. Gerade die Ungeschicklichkeit und Imperfektion verleihen ihren Handlungen dialogischen Charakter. In ihrem Wesen sind sie zarter als Jean Tinguelys Konstruktionen und im mikrotechnologischen Kontext zu verordnen – und so lassen sie einen näher herantreten, um genauer hinzuschauen.
Stahl formt eine Struktur, die selbst in Bewegung gerät oder konstant arbeitenden Maschinenelementen das Gerüst bietet. Das Szenario besteht aus kleinsten Details und vieles passiert gleichzeitig, aber es kann kein gemeinsames Ziel ausgemacht werden. Die Aktionen der Maschinen ziehen nicht nur durch ihre Größe den Blick auf sich – auch die Qualitäten ihrer Bewegungen bedürfen, verschieden in Dauer und Geschwindigkeit, konzentrierter Aufmerksamkeit. Alles scheint sich zu wiederholen, ist aber nie identisch. Die Bewegungen von Adam Gawels Maschinen strahlen Unsicherheit aus und sind sympathisch in ihrem kontinuierlichen Versuchen und Scheitern. Es scheint beinahe, als spiegelten sie menschliche Ungeschicklichkeit besser als menschliche Handlungen selbst.
Adam Gawels Maschinenszenario stellt Bewegung als etwas Absurdes dar: Motorisierung von automatischem Zucken, das keine Entwicklung hin zu einem Produkt aufweisen kann. Das Ganze ist nun zu einem Bühnenstück darüber geworden, wie Menschen ihre Handlungen konstituieren. Es zeigt, wie reich die Welt an simultanen Prozessen ist, die erst durch Menschen als sinnvoll und kausal bestimmt werden. Das Werk lässt Raum für Interpretation, es erzeugt jedoch nicht den Eindruck, schwere Themen zu behandeln. Das Maschinenkonstrukt bleibt bescheiden leise in seiner unscheinbaren und andauernden Mühe. Es gibt keinen Sinn, nicht einmal den Versuch dazu. Und das gibt noch viel mehr Platz, – für Rest and Peace.
Adam Gawel wurde am 1985 in Mikołów, Polen geboren. Von 2007 bis 2016 studierte er Medienkunst auf Diplom an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Er lebt und arbeitet in Karlsruhe.
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