Wie kam es zu „a journey“?

Das Projekt „a journey“ entstand im Rahmen meines Vordiploms im Frühjahr 2017. Ziel der eigeninitiierten Arbeit war eine erforschende Annäherung an die anthroposophische Weltanschauung Rudolf Steiners. Dazu habe ich anhand des Mediums Schrift Steiners Gestaltungslehre und philosophische Vorstellungen untersucht. Am Beginn der ausführlichen Recherche standen mehrere Besuche am Goetheanum, dem Sitz der Hochschule für Geisteswissenschaften. Parallel zu der inhaltlichen Erkundung habe ich mich auf zeitgemäße Techniken der Schriftgestaltung konzentriert und wurde darin von dem Schweizer Grafiker und Typografen Philippe Karrer unterstützt. Innerhalb von vier Monaten sind so die beiden Schriften „Philia“ (griechisch für „Zuneigung“) und „Metamorphose“ (griechisch für „Wandlung“) entstanden.

Was sind die Besonderheiten der beiden Schriften?

„Philia“, eine organische Groteskschrift, ist aus dem Grundgedanken der Zuneigung entstanden. Sie funktioniert nicht wie üblich mit rein additiven Buchstaben, sondern mit reaktiven Zeichen, die sich jeweils an die Form des vorangehenden Buchstabens angleichen. Die Zeichen scheinen sich aneinander anzulehnen und ergeben so ein harmonisches Schriftbild. Durch die entsprechende Programmierung wird aus den vorhandenen Varianten eines Buchstabens der für die jeweilige Umgebung passende ausgewählt. Ist ein Buchstabe im unteren Bereich breiter, so wird der folgende an dieser Stelle schmäler und im oberen Bereich breiter.

Das Prinzip der Metamorphose, der Wandlung von einer Gestalt in eine andere, ist ein zentraler Aspekt in Steiners Gestaltungslehre und liegt der zweiten Schrift zugrunde. Alle Buchstaben der Schrift „Metamorphose“ bestehen aus drei Elementen: Kreis, rechter Winkel und eine organische, bewegliche Form. Die sich verändernde organische Form bestimmt durch ihren Duktus die Buchstabengestalt.

Welche Rolle nimmt der Grafikdesigner/die Grafikdesignerin in der Gegenwart ein?

Im Studiengang Kommunikationsdesign werden wir nicht explizit zu GrafikdesignerInnen ausgebildet, sondern wir lernen zu gestalten. In unseren Händen liegt es, wie unsere Gegenwart und Zukunft aussehen sollen. Als KommunikationsdesignerIn zu arbeiten, bedeutet Fragen zu stellen und visuelle Antworten darauf zu finden. Dabei ist Design heute so offen wie nie.

Grafikdesign hat nicht mehr nur noch eine passiv dienende Funktion, sondern ist mittlerweile selbst zur Methode geworden, um Themen zu untersuchen und Fragen zu stellen. GestalterInnen visualisieren Möglichkeitsräume. Die wachsende Vielfalt der neuen Medien bietet auch für Designer neue Spielräume, wobei sich Grenzen immer mehr auflösen. Als Gestalter sehe ich es als meine Aufgabe, innere Visionen sichtbar zu machen und damit meine Umwelt zu formen.

Severin Geißler studiert Kommunikationsdesign. Sein Arbeitsspektrum erstreckt sich über verschiedene analoge und digitale Medien. Im Nebenfach Produktdesign erforscht er die Schnittpunkte zwischen Grafik und Objekt.