„TellTales“ war ein zweiwöchiges Kunst- und Kulturfestival, das im Juli 2017 in Mainz von dem Kollektiv OrgaOrga veranstaltet wurde. Die Beiträge waren, wie der Titel vermuten lässt, ein bunter Blumenstrauß an Blickwinkeln auf Geschichte und Geschichtsschreibung. Jandra Böttger und Johanna Ziebritzki, zwei Kunstwissenschaftlerinnen der HfG Karlsruhe, hielten während des Festivals Vorträge.
Jandra Böttger widmete sich in ihrem Vortrag der Wissenschaftstheoretikerin Elisabeth Ströker. Diese zeigt anhand der Modellierung natürlicher Erscheinungen durch mathematische Formeln auf, wie Naturwissenschaften auf unterschiedliche Realitätsbegriffe zurückgreifen. Die Verbandelungen zwischen Theorie und Fiktion sind dabei so viel- und wechselseitig, dass Ströker ein stärkeres Fiktionsbewusstsein in den Naturwissenschaften einfordert – Ein Verweis auf die Kontingenz wissenschaftlicher Erkenntnis in der Vergangenheit, aber auch Erinnerung an den Spielraum zwischen Wirklichem und Möglichem in der Gegenwart. Ströker ermutigt, außerhalb gewohnter Strukturen zu denken und bekennt sich zur Fiktion als wichtigem Bestandteil einer Theorie. Indem das Erfundene nicht mehr länger zum Gegenteil einer geordneten, rationalen Welt stilisiert wird, lässt sich das Verhältnis von Theorie und Fiktion neu denken.
Eine Sängerin mit einem Lied gegen Schönheitsoperationen, eine Nackttänzerin, eine Herausgeberin, die bordellierten Mädchen aus Baden eine Stimme gibt, und eine Professorin für indische Kunst in Kalkutta – was vereint diese Frauen? Sie alle haben in den 1920er Jahren auf den Bühnen der Theater und Cabarets, in Verlagen und an Universitäten ihren Raum erstritten und ihre Stimme entwickelt. Mit den Büchern, Bildern und Liedern dieser Künstlerinnen und Theoretikerinnen erzählte Johanna Ziebritzki die Geschichten von Grenzgängerinnen zwischen Disziplinen und Wertvorstellungen. Für den Vortrag in Mainz arbeitete Zibritzski die Rechercheergebnisse aus, die sie in der von Rebecca Stephany organisierten Reihe „Intensive Care“ am 12. Juni 2017 an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe vorgestellt hatte.