Das Stück „In der Grotte“ handelt von den drei Charakteren Baobao, Gaga und Isis, die sich an einer Grottenbar treffen. Die Identität der drei ist an mythische und kulturelle Figuren angelehnt, sie sind nur entfernt menschlich. Gaga betreibt die Bar, die anderen beiden sind zu Gast. Die drei sprechen, streiten und scherzen über Körperbilder, Beziehungsmodelle, Sexualität, Arbeit, Herrschaft – aus feministischen, queeren, humanistischen und lustvollen Perspektiven. Gerahmt wird die Szene an der Bar von einer Erzählerin und einer Musikerin.

Baobao ist Stammgast in der Grotte. Sie taucht dort lustvoll hin und wieder auf und lässt es sich gut gehen. In ihr steckt Baubo, die Demeter nach dem Verlust ihrer Tochter Persephone durch das Zeigen ihrer Vulva zum Lachen und dadurch wieder zum Essen und Trinken brachte. Sie ist eine Scharlatanin, die Offenheit in der Wahrnehmung propagiert, macht, worauf sie Lust hat, masturbiert, lacht und schmatzt. Sie greift sich gerne in die 18 Schichten ihres Kostüms und durchdringt sie mit ihrem rosafarbenen Fleisch, sie spielt mit ihren Häuten, verliert sich in ihren schwungvollen Kurven, in ihrer warmen, weichen, formvollen Umhüllung. Baobao liebt es, zwischen rot, lila, pink und bordeaux zu changieren, dabei ihre Schichten an der Umgebung zu reiben und in ihren Falten zu versinken.

Gaga betreibt die Bar in der Grotte. Sie revolutioniert die Natur und plädiert für eine Gaga-Zukunft, in der alles möglich ist, auch ein Leben fernab der heterosexuellen Zwangsmatrix. Gaga liebt ihre blaue Latexhülle, fühlt sich wohl im Versteck ihres übergroßen Aalschals, bei welchem sich plastisches Blau mit sterilem Silber abwechselt. Sie ist gegen Normen, für die Herrschaftslosigkeit, ist pragmatisch und utopisch zugleich, ihr Oberkörper ist stolz, geschmückt mit teuren Steinen und Diamanten. Ihre Schultern sind stark, gestärkt durch heldenhafte Schichten von dezent schimmerndem Grün. Das Latex an Gagas Körper gibt ihr eine eigene, freche, provozierende Sexualität, die sie nicht zuletzt der plastischen Chirurgie verdankt.

Isis ist Stammgast in der Bar, sie sitzt kriegerisch an der Theke. Ihre mythologische Herkunft liegt im alten Ägypten, wo sie die Königin der Göttinnen, die Göttin der Unterwelt, die Totengöttin ist. Ihre eindimensionalen, klaren, starken Konturen helfen ihr, sich als Trägerin von Macht zu fühlen. Sie ist rationalistisch, denkt über die Konsequenzen nach und rückt dabei immer wieder ihre hohe, kantige, von Macht strotzende Krone zurecht, ohne ihr schweres, hohes Zepter aus den Händen zu nehmen. Ihr fast bodenlanges, silbernes Kleid erinnert an eine Ritterrüstung, die sie nie abzulegen scheint. Isis ist mit ihrem dunklen Unterkleid, ihrer dunkelroten, fast schwarzen Haut eine Differenzfeministin.

mit
Sebastian Werner – Baobao
Jacob Witzel – Gaga
Laura Haak – Isis
Francesca Audretsch – Erzählerin
Vanny Bosch – Musik
Hanna Scherwinski – Kostüm
Jana Hofmann – Grafik
Philip Lawall – Technik
Johanna Ziebritzki – Regie und Raumgestaltung
Friederike Nastold und Johanna Ziebritzki – Text „In der Grotte“ (2016)

Aufführung: 16. Mai 2018, 18h, HfG Karlsruhe

Betreuung: Prof. Anja Dorn, Prof. Andreas Müller