Was bleibt von einem Jubiläum anlässlich 200 Jahre Badischer Kunstverein? Nach einer intensiven Recherche zu der Geschichte des Hauses und den Ausstellungen haben wir uns gefragt, was im vergangenen Jahr zur Sprache kam und was noch unbeantwortet blieb. Als Nachklang des Jubiläums möchten wir noch einmal auf eine Besonderheit der Kunstvereinsarbeit zurückkommen: Auf die Geschichte der Jahresgaben. Parallel zur Mitgliederausstellung war es nur möglich, einen kleinen Teil der noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen zu präsentieren, dabei sind es gerade diese eher ephemeren und flexibleren Formate, die die unterschiedlichen Programmatiken des Kunstvereins auf signifikante Weise abbilden.

Entstanden ist eine Ausstellung fast aller noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen aus den Jahren 1842 bis 2017, von denen einige seit langer Zeit erstmals wieder öffentlich präsentiert wurden. Unter den Arbeiten befinden sich einige in Vergessenheit geratene und vergriffene Editionen, die während der Recherchen für das 200-jährige Jubiläum wiederentdeckt oder von Mitgliedern für die Präsentation zur Verfügung gestellt wurden. Bemerkenswert sind zum Beispiel die aus dem Privatbesitz von Schloss Salem zur Verfügung gestellten Mappen mit Vereinsgaben aus den Jahren 1904 bis 1919, unter anderem die Grafik Marabu von Friedrich Barth. Die Ausstellung zeigt außerdem Werke aus dem frühen Kontext der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe, wie beispielsweise Arbeiten von Walter Conz und Hermann Kupferschmid. Außerdem zu sehen sind drei herausragende Drucke von Karl Hubbuch sowie Editionen von Otto Piene oder eine Arbeit von Wolf Vostell, der in der wegweisenden Gruppenausstellung Kunst und Politik (1970) vertreten war. Die Einordnung aller Arbeiten in die Ausstellungsgeschichte wird anhand von Plakaten, Katalogen und Schriftstücken visualisiert, zugleich soll das Prinzip der Jahresgaben und deren Genese kritisch untersucht werden.

Erstmalig beschäftigt sich ein Kunstverein mit diesem ihm eigenen Prinzip der Jahresgaben, die von ausgewählten KünstlerInnen dem Verein zur Verfügung gestellt oder neu produziert werden, um sie anschließend an die Mitglieder zu verkaufen. Die Anfänge der Jahresgabenwerke sind dabei eng mit der Entstehungsgeschichte des Kunstmarktes verknüpft und einmal im Jahr wird der Kunstverein in den Kreislauf von Ankauf und Verkauf von Kunstwerken eingeschleust. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit der Presse für die Jahresgaben der Kunstvereine deutlich gestiegen, große Artikel in Die Zeit, der Süddeutschen Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung präsentieren einen Querschnitt der angebotenen Werke aus den Institutionen. Ebenso widmen sich internationale Kunstzeitschriften einer regelmäßigen Berichterstattung über das alljährliche Jahresgabenangebot. Die Preise sind verlockend, denn oftmals sind die Arbeiten unter Galeriepreis zu erhalten und schon längst sind die Werke nicht mehr nur Mitgliedern zugänglich, sondern oftmals auch für Nichtmitglieder – zumeist gegen einen Aufpreis – käuflich zu erwerben.

Ein Team aus KunsthistorikerInnen, KunstwissenschaftlerInnen, SzenografInnen und GestalterInnen hat sich mit Fragen der Präsentation und Kontextualisierung der Jahresgaben im Badischen Kunstverein auseinandergesetzt. Für die Präsentation ist eine mehrdimensionale Ausstellungsstruktur entstanden, die sich durch alle Räume des Kunstvereins zieht. Diese Struktur entwickelt sich aus dem sukzessiven Abtragen der Oberflächen und macht das zugrunde liegende Rohmaterial sichtbar, um dadurch neue architektonische und inhaltliche Zusammenhänge zu verdeutlichen. Die Vielzahl der Gattungen und Medien der Jahresgaben wuchs in den letzten zwei Jahrhunderten: Von Sammelmappen über Losverfahren bis hin zu individuell erwerblichen Editionen und Unikaten, durchlief das Konzept eine ähnliche Entwicklung wir die Programmatik der Kunstvereine. Der Fokus liegt dabei besonders auf den historidchen Werken, die durch die Ausstellung aus multiplen Perspektiven neu betrachtet und positioniert werden.

Nicht nur die Jahresgaben haben eine lange Tradition, auch die Salongespräche gehen auf die Gründung des Kunstvereins zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Dieser Salon wurde im Rahmen der Reihe MITTWOCHS IM KUNSTVEREIN wieder aufleben lassen. Jeden Mittwoch während der Ausstellungsdauer gab es einen kurzen Vortrag, eine Bildbetrachtung oder einen performativen Beitrag in Bezug auf die Ausstellung und das Konzept der Jahresgaben.

Konzeption und Durchführung von Ausstellung und Veranstaltungen:
Anja Casser, Hubert Distel, Lizzy Ellbrück, Tiffany Justine Erndwein, Yvonne Fomferra, Hanna Franke, Hanne König, Malte Pawelczyk, Christina Scheib, Lisa-Kathrin Welzel

Beteiligte Studierende:
Lizzy Ellbrück, Tiffany Justine Erndwein, Hanna Franke

Betreuung:
Hanne König

Eröffnung:
Donnerstag, 7. Februar 2019, 19 Uhr

Ort:
Badischer Kunstverein Karlsruhe

Links:
http://www.badischer-kunstverein.de/index.php?Direction=Programm&list=Vorschau&Detail=771

Fotocredits:
Stephan Baumann, bild_raum

Grafik Credits:
Hammer