Können wir menschliche Gefühle darstellen? Wie können wir sie kommunizieren und letztendlich in ein visuelles Erlebnis verwandeln? In Bezug auf die Darstellung und Weitergabe subjektiver Wahrnehmung stoßen populäre Konzepte einer scheinbar objektiven Gestaltungspraxis schnell an ihre Grenzen. Das immense Interesse an dem Thema und der Wunsch, die Grenzen der vorherrschenden Repräsentationsnormen zu überwinden, erinnert an den aktuellen Hype für immersive Produktion, bei der durch physisches und psychisches Eintauchen eine unmittelbare Erfahrung geschaffen wird. Am Beispiel der Migräne testet Mathias Lempart, wie man Schmerzen sichtbar machen kann. Die Ergebnisse seiner Arbeit wurden in einer Ausstellung gezeigt, die den letzten Schritt eines über ein Jahr dauernden, umfassenden Forschungs- und Produktionsprozesses darstellte. Die Ergebnisse aus seiner Forschung und den Expeditionen rund um die Archive und Museumsausstellungen der Welcome Collection in London (UK), des Teylers Museum in Haarlem (NL) und des Museum of Jurassic Technology in Los Angeles (USA) fließen geschickt in seine Arbeit ein. Die daraus resultierenden „Gebäude“ können als Zeichen oder seltsame anthropomorphe Strukturen gelesen werden, die mithilfe von Audio- und Videoaufnahmen animiert wurden. Im Falle des animierten Körpers „Severin“ wird der Betrachter sogar dazu aufgefordert, die schallempfindliche rote Ampel zu aktivieren, so dass viele Betrachter klatschend oder gar schreiend vor der Arbeit zu sehen waren. Die animierten Körper basieren auf realen Berichten von fünf Patienten, die an schwerer Migräne leiden. Ausstellungsdesign, Museumscodes und Symbolen werden offensichtlich unterminiert. Während Lempart die provisorische oder naive Form zu zelebrieren scheint, macht er besonders geschickt die komplexen Daten aus den Befragungen und seinen eigenen Erfahrungen erlebbar.
(Text von Anna Schanowski)
Betreuung: Prof. Rebecca Stephany, Prof. Sereina Rothenberger, Prof. Andreas Müller, Prof. Volker Albus, Prof. Mario Minale, Prof. Matthias Bruhn