To the nothings – with the courage to turn into somethings – Diese Widmung, welche dem von Ruby Mae Griffith und Frank B. Griffith herausgegebenen Hobby-Art Buch How to Make Something from Nothing vorangestellt ist, bildet den Ausgangspunkt für Lucy Lippards 1978 veröffentlichen Essay Making Something from Nothing (Toward a Definition of Women`s Hobby Art). Während die Griffiths in ihrem Buch Ideen für die Transformation häuslicher Nichtigkeiten in mehr oder weniger nützliche, dekorative Objekte geben, untersucht Lippard in ihrem Essay Gründe für die Beliebtheit solcher Heimprojekte unter Frauen: und für die Geringschätzung, welche diese in der (Kunst-)Welt erfahren. Sie beschreibt die "ständige Veränderung und Überdekoration des häuslichen Raums", die gerne der "weiblichen Plumpheit" oder dem „schlechten Geschmack“ zugeschrieben wird, als Ausdruck „kreative[r] Rastlosigkeit der Frauen“(1) und zeigt auf, inwiefern die kategoriale Unterscheidung zwischen Bildender und Angewandter Kunst sowie zwischen Design und Handwerk mit geschlechtsspezifischen Hierarchien und Zuschreibungen verbunden ist. Lizzy Ellbrück widmet sich statt Nothings den Some Things, Alltagsobjekten aus dem häuslichen Raum. Sie behandelt die kreative Tätigkeit als potentiell künstlerische Praxis und bezieht den häuslichen Raum als Produktions- und Verhandlungsort. Sie untersucht das emanzipatorische Potential der kreativen Produktion in der Fürsorge im und mit dem häuslichen Raum. Im Zentrum der Arbeit Making Something from Some Things steht das Ding oder vielmehr die Obsession mit dem Ding. Das Ding als Stellvertreter:in eines Repertoires von Dingen unterschiedlicher Qualitäten zeugt selbst von jener „kreativen Rastlosigkeit“. Dinge des häuslichen Raums wurden modifiziert zu übertrainierten und -stilisierten Dingen, die somatische Effekte stimulieren, die Haltung korrigieren, den Körper disziplinieren, diesen zitieren und zu Props eines Facelifts, zu Koordinaten einer Identitätssuche werden. So entstand eine anhaltend wachsende Sammlung an Dingen wie Staubfänger*innen, einem Akupressur-Stuhl, einer knöchernen Lampe, haarigen Mundtüchern, einer Kette aus zusammen geschweißten BH-Verschlüssen und einem (Dusch-)Vorhang aus Haaren.

Die Somethings wurden in einer Publikation inventarisiert. Die Inventarisierung als Methode der Kunstforschung umfasst die Tätigkeitsfelder und Ergebnisse von Sammlung, Analyse, Evaluation, Systematisierung und Veröffentlichung. Es findet sich für jedes Something eine fotografische Abbildung, eine Nummer, ein Name und eine detaillierte Beschreibung von dessen Größe, funktionaler Verschiebung, Provenienz, Produktionsstätte und Entstehungsdauer. Diese exzessive formale Beschreibung wird ergänzt durch kurze Textfragmente, welche die Somethings aus der Perspektive einer She: (as conviviality) – mal Macherin oder Nutzerin der Somethings, mal das Something selbst – auf eine eigensinnige Art und Weise verorten. An mehreren Stellen der Publikation werden diese durch Inventarlisten unterbrochen, welche die Dinge nach immer wieder neuen Kategorien ordnen und so auch den obsessiven Aspekt des Sortierens, Kategorisierens und Neuarrangierens deutlich machen.

Die Publikation wie auch die Somethings selbst wurden im Rahmen einer Ausstellung im Badischen Kunstverein präsentiert. Dafür wurde der Wohnraum, der sonst Künstler*innen während ihres Produktionsaufenthalts als temporärer Wohn- und Arbeitsraum zur Verfügung gestellt wird, zum Ausstellungsraum. Die Ausstellung thematisierte den häuslichen Raum als feministischen Produktions- und emanzipatorischen Austragungsort und bezog ihn als Ausstellungsraum, Dispositiv, Ort und Subjekt. Durch die Form der Präsentation wirft Making Something from Some Things unweigerlich Fragen nach der Grenzziehung zwischen Privatem und Öffentlichem, Zuhause und Ausstellung, Inszenierung und Authentizität sowie zwischen Bildender und Angewandter Kunst, Design und Handwerk auf und besitzt so das Potenzial, zu einer Reflexion der gängigen (Re-)Produktions-, Wahrnehmungs- und Bewertungsmodi beizutragen.

Lizzy Ellbrück studierte interdisziplinäre Kunstwissenschaft (B.A.) an der TU Berlin sowie Ausstellungsgestaltung, Szenografie und kuratorische Praxis (Dipl. Szen.) an der HfG Karlsruhe. In ihrer polymorphen Praxis jongliert sie mit Sprache, manövriert sich durch Gesten und Disziplinen, balanciert Dinge und Zuschreibungen und setzt sich kritisch mit dem Akt des Machens und der Politik des Blicks auseinander. Dabei entstehen Objekte, Worte, Installationen, Publikationen und kollaborative Allianzen.

[1] Lucy R. Lippard: „Making Something from Nothing (Toward a Definition of Women's Hobby Art)“ In: Heresies. A Journal of Art and Politics, Vol. 1, No. 4: Women`s Traditional Arts/The Politics of Aesthetics, Winter 1978, S. 63