„It starts with a recurrent spatial memory: There is a house or rather a place [that] serves as a storehouse. […] Here, the props of the city wait for their use. The building serves as an inventory of the city, as a glimpse into different times: a preview of things that are yet to come and a record of what has already happened. There is no archivist, but there is a janitor, a construction worker, a driver, a gardener and a guard. Like a living brain, the house is a container for certain memories and ideas that appear in the form of objects and their arrangements.“

Bei diesem Ort, dieser räumlichen Erinnerung, die den Ausgangspunkt der Arbeit Roads to Mountains darstellt, handelt es sich um das Haus La Subsistance, das von den Bewohnerinnen des kleinen französischen Dorfes Chaumant als Lager für temporäre Konstruktionen öffentlicher Räume genutzt wird. Will man diesen Ort begreifen, so reicht keine formale Beschreibung des Gebäudes oder seiner Inhalte und deren Ordnung. Denn selbst einer noch so detaillierten Untersuchung würden die ursprünglichen Kontexte und Bedingungen der Konstruktionen, die Spuren und Gesten ihrer Konstrukteurinnen, die Geschichten und die Erinnerungen entgehen, die diesem Ort und den darin arrangierten Dingen wie Geister innewohnen. Moritz Appich versucht, sich diesen Geistern in der Installation Roads to Mountains mithilfe eines Videos, verschiedener Objekte und Display-Module sowie einer Publikation zu nähern. Das Video, das während eines zweiwöchigen Aufenthalts Appichs in La Subsistance in Zusammenarbeit mit Bárbara Acevedo Strange entstanden ist, porträtiert das Lager und dessen Umgebung. Die Aufnahmen dokumentieren die vorgefundenen Anordnungen in ihrer scheinbaren Stillstellung und bringen sie durch ihre Zusammenstellung zu immer wieder neuen, abstrakten Arrangements innerhalb und außerhalb des Lagers langsam wieder zum Atmen. Die Untertitel des Videos, welche am Anfang dieser Beschreibung in Teilen zitiert sind, finden sich – eingebettet in einen längeren Text – auch in der Publikation wieder, die das Video begleitet und die gesamte Installation kontextuell rahmt. Neben diesem Text beinhaltet diese auch eine Reihe an Ghost Stories, die auf Recherchen in den Bereichen Architekturtheorie, Lyrik, Naturwissenschaft und Theologie basieren und die in und um das Haus vorgefundenen Arrangements sowie deren Konstrukteurinnen in Form von fiktionalen Szenen reproduzieren. Die individuellen Arrangements werden darin zu Requisiten, ihre Konstrukteurinnen, die von einem unsichtbaren Schreiner aus dem Mittelalter und einem selbstbewussten Zugvogel bis hin zu einer Gruppe von Kindern auf einem Spielplatz reichen, zu Schauspielerinnen und die für die Konstruktionen verwendeten Techniken zu Gesten. Das Wissen und die Gesten dieser Akteurinnen bilden wiederum die Grundlage für die Zeichnungen und Requisiten, die in der Installation zu finden sind. Doch nicht nur diese Objekte, sondern auch die Architektur der Installation selbst ist von den Akteur*innen der Ghost Stories inspiriert. So fungieren einige von ihnen als Möbel und Display-Module, während andere die Atmosphäre des Raums beeinflussen. Durch diese komplexe Interaktion von Video, Reader, Objekten und Ausstellungsarchitektur formuliert Roads to Mountains schließlich einen neuen Zustand, eine neue Subsistance.

Moritz Appich (*1996, Waiblingen) arbeitet als Gestalter und Künstler. Er beschäftigt sich mit Zeichensystemen, dem Arrangieren und Konstruieren von inhaltlichen und räumlichen Zusammenhängen sowie den vielen verschiedenen Formen von visueller Gestaltung. Er ist Gründungsmitglied des Type-Foundry Studios Gruppo Due. Seine Arbeiten wurden unter anderem bereits im Leopold Hoesch Museum in Düren, im Museum für Moderne Kunst in Freiburg und im Rahmen der Floating University in Berlin gezeigt.