„Everything is the sequel to the sequel to the sequel. Everything is the copy of the copy of the copy. Everything is a pop song.“ Die gegenwärtige Popkultur ist wesentlich durch Referenzialität und Wiederholung gekennzeichnet. Ob in Form von Cover Songs, die Worte anderer übernehmen, Übersetzungen von Texten, die diesen neue Bedeutung geben, Bootlegs, die Inhalte unautorisiert kopieren und neu kompilieren, oder Samples, die Teile eines Inhalts in einem anderen Kontext verwenden, – die gegenwärtige Popkultur wird permanent von ihrer eigenen Vergangenheit heimgesucht. Während die Digitalisierung alle Lebensbereiche beschleunigt und kapitalistische Produktionszyklen in rasender Geschwindigkeit Neues auf den Markt bringen, ist die Popkultur in einer endlosen Gegenwart aus nostalgischen Wiederholungsschleifen und Feedback-Loops gefangen.
Diese Diagnose, die der Popkultur von Kulturkritiker*innen wie Mark Fisher und Hans Christian Dany gestellt wurde, bildet den Ausgangspunkt der Arbeit LOOPS 1.0, in welcher Bruno Jacoby sich mit dem Internet als konstantem Begleiter beschäftigt und die gleichermaßen abstoßenden wie faszinierenden Aspekte der sich ständig wiederholenden, selbstreferenziellen Popkultur erforscht. Im Mittelpunkt der Arbeit steht ein Skript, das sowohl als Grundlage für eine Performance dienen als auch individuell gelesen werden kann. Für dieses sammelte Jacoby zunächst Zitate, Wörter und Beschreibungen aus Gesprächen, Reddit und anderen Social-Media Plattformen sowie aus Youtube- Videos und theoretischen Texten. Gemeinsam mit Jule Köpke, Johanna Schäfer, Jonas Grünewald, Tim Bartel, Jonathan Blaschke und Josephine Scheu, die wiederum eine Vielfalt eigener Referenzen einbrachten, verband er diese Fragmente – zum Teil direkt zitiert, zum Teil aber auch neu interpretiert, umgeschrieben und mehrfach de- und rekontextualisiert – zu einem vagen Narrativ. Dieses wird mal aus der Perspektive einer unbekannten Person, mal von verschiedensten Charakteren erzählt, die – wie die Texte, denen sie ihre Stimme leihen, – selbst aus unterschiedlichsten Fragmenten entstanden sind. Während manche dieser Charaktere nur ein einziges Mal zu Wort kommen, tauchen andere immer wieder auf, um dabei – mit kleinen Abweichungen – immer wieder aufs Neue die gleichen Posen und Worte zu wiederholen. Dieser Aspekt der Wiederholung findet sich auch in den schnell aufeinanderfolgenden Repetitionen, welche die lineare Struktur des Narrativs stellenweise unterbrechen. Zum Ende des Textes werden diese Wiederholungsschleifen so eng gezogen, dass sich die narrative Struktur schließlich gänzlich auflöst und die Grenzen zwischen den verschiedenen Charakteren sowie zwischen Charakter, Content Creator und Konsument zu verschwimmen beginnen. Einen (zumindest vorläufigen) Ausweg aus diesem Loop, der keine Entwicklung mehr verspricht und doch weitergeht, kann am Ende schließlich nur die Nachricht bieten, die ein Text-to-Speech-Bot verliest: „Ich mag deinen Inhalt sehr :)“.
Zeitgleich zur Veröffentlichung des Skripts führte Jacoby dieses im November 2022 erstmals auf, wobei er – begleitet von einer sprechenden Uhr und auf einem Screen gezeigten GIFs – all die von ihm geschaffenen Charaktere und Perspektiven in seiner eigenen Person vereinte. Damit diese Performance nicht die einzige Inszenierung des Skripts bleibt, sondern weiterverwendet, neu interpretiert, geremixed und gesampelt wird, wurde das Skript online veröffentlicht und steht dort allen kostenlos zur Verfügung.
Bruno Jacoby ist Grafikdesigner, übt gelegentlich aber auch andere Berufe aus. Seine gestalterische Praxis verfolgt einen entschieden kollaborativen Ansatz, wobei die besten Ergebnisse aus den Übergangsräumen zwischen verschiedenen Menschen entstehen. Er ist Teil des Type-Foundry Studios Gruppo Due, des Kleinstverlags Accidental Interest Books, des mal mehr, mal weniger aktiven Kollektivs KA1028, des Poesiedienstes Charlie Ant und der Ausstellungsplattform A Place in the Woods.