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© Natalia Schmidt

Die Installation gibt Einblicke in die verschiedenden Rechercheetappen des Ammunition Projects, das mit dem Objekt Paragrave (2012) seinen Anfang nahm und mit der multimedialen Komposition A composition on invisible Hands (2017) das Diplom von Natalia Schmidt bildete.
Anhand einer Archäologie und Genealogie der deutschen Waffen- und Munitionsproduktion und des politisch legitimierten Waffenhandels der ehemaligen DWM (Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken), aber auch heutiger Rüstungskonzerne, setzt sich das Projekt mit den technischen, historischen, politischen, juristischen, ethischen und ökologischen Bedingungen und Konsequenzen von Waffen- und Munitionsproduktion auseinander.
Paragrave markiert dabei die Rechtslagen unter denen Waffen produziert wurden und fragt auch nach den heutigen (neokolonialen) Bedingungen und deren Legitimation.
Die M8 x 57 IS Patrone bildet den narrativen Leitfaden der Komposition. In ihrer ortsspezifischen Rückbindung nach Karlsruhe (DWM) verbinden sich sowohl lokale als auch globale Dimensionen ihrer letalen, historischen und ökonomischen Wirkungskraft: Erstmals 1904 in Karlsruhe hergestellt, bildet sie bis heute den Prototyp für die weltweit führenden Militär- und Jagdpatronen und war bzw. ist in zahlreiche internationale Konflikte verstrickt. Anhand musikalischer Interpretationen von Barcodes verschiedener Produkte umkreist die als „work in progress“ angelgte Komposition A composition on invisible hands Strukturen und Mechanismen ökonomischer Logik und deren existenzielle Auswirkungen . Die im Stück (in der Variation M8 x 57 IS) zu hörenden Barcodes stammen aus 5 verschiedenen Ländern, in denen diese Patrone heute u.a. hergestellt wird: Deutschland, Serbien, Schweden, Tschien, USA.
Am 17.03.2017 fand eine temporäre Rückführung einer DWM Geheimakte aus den Jahren 1942 bis 1944 an ihren Ursprungsort – die ehemalige DWM – statt, deren Inhalt das Projekt ebenfalls nachspürt. An dieser Stelle fragt Paragrave nach der Diskrepanz zwischen Archiv und Antiquitätenhandel.

Natalia Schmidt wurde in München geboren und studierte von 2012/13 bis 2017 Medienkunst und Szenografie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Zuvor studierte sie Kunstwissenschaft, Philosophie und Kulturwissenschaften in Karlsruhe & Berlin bei Prof. Boris Groys (HfG Karlsruhe) und Prof. Christina von Braun (HU Berlin). Ihre künstlerischen Arbeiten sind konzeptuell und prozessorientiert und basieren oftmals auf Langzeitrecherchen und -beobachtungen. Grenzen zwischen Theorie und Praxis verschwimmen. Die Wahl des künstlerischen Mediums bei der visuellen bzw. räumlichen Umsetzung entspringt ihrem konzeptuellen Anliegen. Ihre Projekte versuchen ein sensuelles Echo auf der Wahrnehmungsebene zu evozieren, vor allem in Bezug auf Zeit, Dauer, Geschichte, Erinnerung, Geografie, Natur und Klima. Das Moment „ungelöster“ – und niemals erlösender Geschichte – ist das zentrale Moment der Untersuchungen ihres Diplomprojektes: „Ammunition Project: A composition on invisible hands“.