„Ich fand es wunderbar wie er Gegenstände ganz ernst nehmen konnte. So entschuldigte er die militärische Ordnung in seiner Küche mit dem Vergilzitat, daß Dinge auch Tränen haben, ein Recht auf einen Platz an dem sie sich wohlfühlen.“
(H. Marcuse in R. Lettau: Zerstreutes Hinausschauen (Scattered Glances)

Die Dichter wussten schon immer mehr über das Wesen der Dinge. Denn während das Ding in Kunst, Philosophie und Literatur zeitweilen zum Subjekt geriet, bleibt es im Bereich des Designs – wie der Name bereits verrät – Objekt.
Regelmäßig richtet ein großer Möbelhersteller in Weil am Rhein einen „factory sale“ aus, zu dem Designliebhaber aus aller Welt anreisen, teilweise vor der Fabrik campen und kilometerlang Schlange stehen, um schließlich großes Design zum kleinen Preis in ihren Kofferraum zu packen. Der Akt des Erwerbs wird hierbei zum Kampf, die Möbel zur Beute – dem Recht des Schnelleren ausgeliefert.
Die junge Produktkategorie der „smart home products“ – elektronische Geräte mit einer Form von künstlicher Intelligenz – könnte diese Trennung infrage stellen. Ein Staubsaugerroboter verfügt über eine primäre Ausdrucksform von Leben: unvorhersehbare Bewegung. Nichtsdestoweniger erscheinen uns gerade diese intelligenten Produkte als geistlos, als willenlose Erfüllungshilfen des menschlichen Geistes. Anders verhält es sich, sobald ein Fehler das perfekte System befällt und sich die Dinge nicht mehr so verhalten, wie wir es von Ihnen erwarten. Einem Staubsaugerroboter, dessen Sensorik gestört ist und der sich daraufhin in den sicheren Tod in Form eines Treppenabgangs stürzt, begegnen wir ebenso mit Empathie wie einem Müllauto, das aufgrund eines technischen Fehlers Müll verteilt statt ihn einzusammeln.

In seiner Diplomarbeit hat sich Moritz Jähde in einem Versuchsaufbau damit auseinandergesetzt, wie man vier Stühlen exemplarisch eine Form individueller Wesenhaftigkeit verleihen kann, die sich nicht in der Erfüllung menschengemachter Bedürfnisse äußert. Jeder der Stühle verfügt über einen Microcontroller (Arduino) mit individueller Programmierung, Antriebstechnik, Kantenerkennung sowie Akkus, Motoren und Räder. Darüber hinaus verfügen die Stühle über PIR-Sensoren, mit denen sie partielle Veränderungen im Temperaturfeld ihrer Umgebung wahrnehmen können, so dass registriert wird, ob sich ein Mensch in der Nähe befindet. Solange dies nicht der Fall ist, die Dinge also unter sich sind, bewegen sich die Stühle anhand zufällig kombinierter Parameter. Ob, wie lange und wohin sie sich bewegen, ist zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Betritt mindestens eine Person den Raum, verharren die Stühle an ihrer aktuellen Position. Auf die Ortsänderung verweisen lediglich Linien, die die Bewegung auf dem Boden nachzeichnen. Die Art der Programmierung erlaubt es allerdings mithilfe eines Tricks, die Bewegung der Stühle kurzzeitig zu sehen: Hält der Betrachter für eine bestimmte Zeit komplett still, so wird er von den Sensoren für einen Teil der Umgebung gehalten und nicht mehr als Person registriert – der Mensch wird so selbst zum statischen Objekt, um nicht zu sagen: Zum Möbel.