„Blaue Stunde“ ist eine räumliche Skizze. Eine Sammlung von Gedanken. Ein Entwurf, bei dem der Zufall, die Lichtverhältnisse des Ausstellungsraumes, der Wind und die Bewegung der Besucher:innen, eine wichtige Rolle spielt.
Welche Hierarchien und Systeme wohnen dem öffentlichen Raum inne? Wie beeinflussen sein Aufbau und seine Gestaltung das Verhalten der Menschen, die sich in ihm bewegen?
Ein Großteil unseres öffentlichen Raumes funktioniert über hyperspezifische oder funktionale, räumliche Strukturen (Bahnhöfe, Gehsteige, Ampeln, Leitungen, Parkanlagen, Bänke etc.), die nur einem speziellen Zweck dienen sollen und die ein ganz bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Nutzung fordern - alles was über diese Regeln hinausreicht, wird gesellschaftlich als "falsch" angesehen. Diese Strukturen sind das Ergebnis des Funktionalismus der modernen Gesellschaft: dem Druck, immer möglichst schnell, möglichst effizient zu sein. Es ist eine stetige Steigerung, die nicht auf Einhalten oder Innehalten ausgelegt ist.
Mittels zeichnerischer Annäherungen, Fotografien und Beobachtungen versucht Lena Breitmoser sich diesen Räumen/Systemen zu nähern und ihren aufgesetzten Sinn und Zweck zu erkennen, ihm entgegenzuwirken und einen neuen spielerischen, völlig zweckfremden Umgang für die Orte zu finden. Sie schuf imaginäre Interventionen im Stadtraum – mal größer, mal kleiner. Die Ergebnisse dieses 2D-Rechercheprozesses, ihre grafischen Eigenschaften und Qualitäten, wurden im nächsten Schritt in den wirklichen Raum und in Materialien übertragen. Hierbei war das Ziel, die persönliche Imagination für andere begehbar und dadurch erfahrbar zu machen. Sie übersetzte ihre Zeichnungen in ein neues Raumsystem: Eine Installation aus gebogenen Rohren, transparenten und transluzenten Stoffbahnen und Plexiglasscheiben, die sich – je nach Blickwinkel und Bewegung der Besucher:innen – stetig veränderte. Es entstand ein Spiel zwischen unterschiedlichen Ebenen aus Szenen und Objekten des Alltags, die durch ständiges Überlagern, Verdichten und Loslösen voneinander immer neue Räume und Kontexte entstehen ließen.
Dank: Kerstin Bühring, Constanze Fischbeck, Hannah Hugger, Alex Knoppik, Matthias Mai, Lea Nohr, Thomas Rustemeyer, Sebastian Schäfer und Susanne Schmitt
Betreuung: Constanze Fischbeck, Thomas Rustemeyer