Theaterarchitekturen sind dazu geschaffen, die Realität und den Alltag auszuschließen und einen stabilen Raum der Sicherheit für kreatives Aus- und Erleben zu schaffen, sobald man ihn betritt, bzw. sobald die Erlaubnis besteht, ihn zu betreten, z.B. durch den Kauf einer Karte oder das Einnehmen eines Arbeitsplatzes. Doch diese Mauern der Sicherheit für die Einen bedeuten immer der Ausschluss der Anderen. Bühnenbildner:innen arbeiten für Zuschauer:innen als Erschaffer:innen eines dechiffrierbaren Codes. Sie erzeugen ein Medium, das die Kommunikation zwischen Inszenierung und Betrachter:innen schafft, fördert und aufrechterhält.

Die Wahrnehmung der Atmosphäre gelingt erst durch ein erlebendes Subjekt im Raum. Eine Atmosphäre taucht erst durch die leibliche Anwesenheit (vgl. Rodatz 2010) auf. Ein Ort besitzt keine eigene atmosphärische Stimmung. Erst durch die Positionierung eines Wahrnehmenden kann die Atmosphäre in Erscheinung treten. Sie ist das Spannungsfeld zwischen Raum und Erlebendem, sie geht sozusagen eine Beziehung mit ihm ein. Aus diesem Grund ist das dreidimensionale Erleben einer Inszenierung unverzichtbar. Der Körper muss in Beziehung zum gestalteten Ort gesetzt werden. Bühnenbildner:innen haben hier neben der sinnlichen Ausgestaltung des Raumes die Aufgabe, die Positionierung des Wahrnehmenden zu beeinflussen. Die körperliche Bewegung im Raum lässt sich durch gestalterische Elemente manipulieren, wie beispielsweise Blickwinkel, Haltungen, Höhen und Tiefen, Nähe und Distanz.

  • Auszüge aus dem Manifest „Für eine wahrnehmungszentrierte Raumtheorie im Theater“, Carina Fenderich, 2021

Wie kann Theater sichtbarer gemacht werden? Inwiefern sind Theaterräume sinnlich bespielbar? In welcher Relation steht der Körper des Zuschauenden zur Inszenierung? Welche Rolle spielt die Wahrnehmung beim Erleben eines Theaterstückes? Können Räume Geschichten erzählen? Diese und weitere Fragen wurden erforscht, Antworten gesucht und die Erkenntnisse in eine Rauminstallation übersetzt. Das Ergebnis ist eine immersive, sinnliche Darstellung des platonischen Höhlengleichnis innerhalb einer geodätischen Kuppel, angelehnt an Buckminster Fuller. Die Reize werden visuell, auditiv und sogar olfaktorisch gestreut, sodass das Geschehen körperlich wahrgenommen werden kann. Das Erleben der Darstellung wird gesteigert, bis hin zu einer eindrücklichen Erfahrung. Ausgehend von diesem Raummodell lassen sich weitere Überlegungen zu einer grenzenlosen, transparenten Architektur für Theater im öffentlichen Raum anstellen.

„Das Erlebnis Theater trennt Außen- und Innenraum nur durch eine transluzente Membran, wodurch bei innerer Beleuchtung Bewegungen und Schatten von außen wahrnehmbar sind und somit Neugierde bei Passant:innen geweckt wird. Inneres und Äußeres sind getrennt wie verschmolzen und die Schwelle zu parallelen Wirklichkeiten einfach überwindbar.“

Das Diplom ist letztendlich eine weitgreifende Auseinandersetzung mit einer Körper–Raum oder Subjekt–Raum–Beziehung, speziell im Bereich Theater und eine Beweisführung, dass eine bewusste sinnliche Manipulation der räumlichen Atmosphäre notwendig ist, um ein Erlebnis Theater zu schaffen.

Betreuung: Constanze Fischbeck, Thomas Rustemeyer