IKEA.CN

In den letzten Jahrzehnten haben die Globalisierung und die amerikanische Medienkultur dazu geführt, dass der „westliche Lebensstil“ als konsumierbares und begehrenswertes Exportprodukt in den Rest der Welt gelangt. China ist möglicherweise aufgrund seiner traumatischen Geschichte einer unterdrückten Individualität besonders anfällig für diese Verlockung, und es ist nicht verwunderlich, dass Unternehmen diese günstigen Umstände jetzt nutzen.

IKEA eröffnete 2006 seine erste Niederlassung in Beijing und lockte jährlich rund sieben Millionen Besucher in den bekannten labyrinthartigen Grundriss von 44.000 Quadratmetern. Für die Einwohner Beijings ist es mittlerweile eine übliche Aktivität, am Samstagnachmittag einen Ausflug zu einer der beiden Filialen zu unternehmen, die sich innerhalb des zweiten und dritten Stadtrings befinden. Es sich auf einem der vielen Sofas gemütlich zu machen, ein Nickerchen in den gemütlichen Betten zu machen und ihren Kindern die Möglichkeit zu geben, einen Hauch von „frischer“ (d.h. gefilterter und smogfreier) Luft zu atmen, hat eine höhere Priorität als die Jagd nach Billy-Regalen. Bei IKEA ein Nickerchen zu machen ist mittlerweile so üblich, dass sogar ein Begriff dafür geprägt wurde: 露소敎얾 („Living House Furniture Nap“), der in ganz China verwendet wird.

Sascia Reibel beschloss, während ihres Aufenthalts jedes zweite Wochenende in die Geschäfte zu gehen, um ihre Beobachtungen mit Fotografien zu dokumentieren. Das Ergebnis ist ein fotografischer Aufsatz, der ihre ganz persönliche, euro-zentrierte Sicht auf ein Umfeld einfängt, das sich im Kontext einer anderen Kultur für sie seltsam vertraut und gleichzeitig sehr fremd anfühlte.

Um den Effekt dieser für Sascia Reibel überfüllten, lauten und oft anstrengenden Besuche visuell hervorzuheben, erstellte sie ein benutzerdefiniertes Farbprofil, in dem die IKEA-Unternehmensfarben blau und gelb mit den anderen Farbkanälen der Bilder multipliziert werden, was zu einem verstärkten Farbschema führt und einen sehr traumhaften, surrealen Eindruck schafft. Die Bilder werden mit vollem Farbverlauf platziert, entsprechend dem Gefühl der Überwältigung, wenn man durch den Eingang des Geschäfts auf den Verkaufsbereich, die Kantine und schließlich zum Ausgang des Geschäfts geht. Als Ergänzung zum Bildmaterial hat Reibel 12 Bekannte nach ihren Schlaf- oder Arbeitsgewohnheiten im öffentlichen Raum befragt.